Remo Goethe
Co-Präsident
Jungfreisinnige Kanton Glarus

Gehören Sie der römisch-katholischen oder evangelisch-reformierten Landeskirche an? Ja? Dann bezahlen Sie jedes Jahr mit den Kantonssteuern auch die Kirchensteuer für die jeweilige Kirche. Dies ist ganz normal, wenn man Mitglied einer Organisation oder Vereines ist, bezahlt man ja auch den Mitgliederbeitrag. Ihnen steht es auch jederzeit frei aus der Kirche auszutreten, dann entfällt für Sie die Kirchensteuer.

Wussten Sie aber, dass auch alle juristischen Personen, das heisst Unternehmen, Dienstleister, Geschäfte, usw. Kirchensteuern bezahlen müssen? Das irritierende daran, juristische Personen können nicht einmal selbst entscheiden ob sie überhaupt Mitglied der Landeskirchen sein wollen, nein sie werden zu dieser Steuer gezwungen.

An der kommenden Landsgemeinde möchten wir Jungfreisinnigen diesen längst überfälligen Missstand mit unserem Antrag zur Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen beheben.

In der Zeit, in welcher die Kirche die einzige Möglichkeit war, sich sozial und kulturell zu betätigen, machte diese Steuerpraxis durchaus Sinn. Heute steht die Gesellschaft in einem Wandel und wir haben in der Schweiz unzählige Möglichkeiten uns in diesen Bereichen zu engagieren. Mit der heutigen Praxis schaffen wir eine grobe Ungleichbehandlung verschiedener Glaubensgemeinschaften, Institutionen, Hilfsorganisationen, Naturschutzorganisationen, Wohltätigkeitsvereinen, usw.

Ausser der beiden staatlich anerkannten Landeskirchen müssen sich alle Organisationen, welche staatliche Gelder beanspruchen wollen, jährlich erneut mit zum Teil erheblichem Aufwand und Leistungsüberprüfungen darum bemühen öffentliche Gelder zu erhalten. Obwohl auch diese einen beträchtlichen Anteil für die Gemeinschaft leisten und durch ehrenamtliche Arbeit dem Staat Aufgaben abnehmen. Die meisten dieser Aufgaben müssten sonst von den Gemeinden oder dem Kanton übernommen werden. Wir fordern gleiche Rechte und Pflichten für alle. Auch die Kirchen sollen sich mit klar definierten Leistungsvereinbarungen zu Aufgaben verpflichten müssen.

Oft wird das Argument genannt, dass die beiden Landeskirchen ohne das Geld nicht mehr überlebensfähig wären. Doch bereits heute kennen die neun Kantone Tessin, Basel-Stadt, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, Aargau, Genf, Neuenburg, Waadt und das Wallis keine Kirchensteuerpflicht oder es ist in diesen Kantonen möglich auch als juristische Person aus der Kirche auszutreten. Trotzdem bestehen die Landeskirchen in diesen Kantonen nach wie vor. Einige Kirchgemeinden gedeihen gar besser als ihre Schwesterorganisationen im Kanton Glarus.

In der heutigen Gesellschaft der Schweiz gibt es nicht mehr nur den katholischen oder reformierten Glauben. Die Schweiz besteht im Jahre 2020 aus einer Vielzahl verschiedener Religionsgruppen. Darunter zum Beispiel auch die Konfessionslosen, welche heute in der Schweiz, gemäss Bundesamt für Statistik, die zweitgrösste „Religionsgruppe“ darstellen, dies noch vor der evangelisch-reformierten Landeskirche. Somit werden Millionen von Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz durch die einseitige Bevorteilung der Landeskirchen benachteiligt

Auf Grund all dieser Punkte ist es nun an der Zeit, diese Ungerechtigkeit zu beheben. Die Möglichkeit dazu besteht an der kommenden Landsgemeinde beim Traktandum 9B.